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im Haus Schwarzenberg
Rosenthalerstraße 39
10178 Berlin

fon +49.(0)30.308 725 76
fax +49.(0)30.282 90 33

Öffnungszeiten
mo - sa: 12 - 20h
so: 14 -19h


Anfahrt


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15.01.2010. - 06.02.2010

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BOHOMAZ | CZARNOBYL | EMESS | EVOL | PISA73


Eröffnung
am 15.01.2010 um 19.00 Uhr



Stencils sind ohne Zweifel die schnellste, unmittelbarste und wirkungsvollste Methode, ein Bild auf eine Wand, einen Bürgersteig oder so gut wie jedes andere Objekt aufzubringen. Doch darüber hinaus ist die Schablonenmalerei auch eine der ältesten Kunstformen der Menschheit, die seit der Steinzeit durch alle Epochen hindurch praktiziert wurde.

In den 70er und 80er Jahren kam es in den USA und Europa gleichzeitig zu einem regelrechten Revival der Schablonenkunst. Der bekannsteste Vertreter dieser Zeit ist sicherlich der französische Pochoirkünstler Blek le Rat, der vielen als Begründer der Schablonenkunst in ihrer heutigen Ausprägung gilt.

Im Zuge des Streetart-Booms Ende der 90er Jahre wurde die Technik kontinuierlich zur heutigen Form weiterentwickelt. Dabei dominiert nicht ein Stil, sondern durch die Verfeinerung der Technik, kam es eher zu einer Diversifizierung der Stile. Die fünf Berliner Künstler stehen stellvertretend für die Vielfalt der Ausdrucksformen, die mit ein und derselben Technik möglich sind.

 

 



BOHOMAZ
meist einfarbige, großformatige Schablonengraffiti stecken voll von rätselhaften Tieren, Monstern, Robotern und Maschinen verborgen in einem Dschungel aus wilder Ornamentik und grafischen Mustern. Seine kontrastreichen tribalhaften Motive muten dabei manchmal fast wie Linolschnitte an. Für den bekennenden Comicfanatiker sind Stencils die ultimative Form der Reproduktion, die ohne den Einsatz von Maschinen auskommt, denn seine Schablonen sind alle handgezeichnet. Seine wichtigste Inspirationsquelle ist die Vergangenheit, sowohl die kunsthistorische, als auch die persönliche Erfahrung ist ein Motor für seine Arbeiten. So nimmt er Elemente aus vergangenen Kunstepochen in seine Bilder auf, um diese dann wiederum abzuwandeln und zu reduzieren.


 

Seine Bilder verständigen sich auf vielfältige Weise. Sie stellen einerseits eine Verbindung zwischen der Aussenwelt und dem Innenleben des Künstlers her, andererseits vermitteln sie ihre Botschaften an den Betrachter auf der Strasse. Darüberhinaus kommunizieren die Graffitis verschiedener Künstler untereinander. Dadurch entsteht ein völlig neues, in sich geschlossenes, semantisches System, in dem die Schablonen zu Buchstaben werden und in dem die einzelnen Elemente mit Informationen und Inhalten aufgeladen sind.



www.flickr.com/photos/10905526@N07/

 

CZARNOBYL
Im Gegensatz zu den meisten Protagonisten des derzeitigen Street-Art-Hypes reicht CZARNOBYLs Erfahrung mit Schablonen als Ausdrucksmittel im Stadtraum zurück bis 1990. Dabei übertreffen seine Detaildichte und sein handwerkliches Geschick das der meisten anderen, die sich dieser Technik bedienen.

CZARNOBYL, 1974 in Polen geboren, lebt seit 1993 in Berlin. 1990 entdeckte er Schablonen als Ausdrucksmittel für seine Gefühle und Ideen. Durch die farbige Veränderung grauer Gebäude versuchte er, die Aufmerksamkeit der sogenannten normalen Leute auf Streetart im Allgemeinen und seine Kritik am System im Besonderen
zu lenken.
In Berlin entwickelte sich sein Stil weiter und er experimente mit aus Teilen alter Schablonen zusammengesetzten Bildelementen. CZARNOBYLs aktuelle Arbeiten wirken durch ihre Vielzahl an Farbabstufungen und ihrem Detailreichtum fast fotografisch. Er arbeitet auf Leinwand, Metall, Holz, Plastik, Glas und nicht zuletzt auf Wänden.



www.myspace.com/czarnobyl
www.stencil-spray.de
www.flickr.com/photos/10714673@N02/

 

EMESS
ist weniger der Streetartist der Superlative und Weltrekorde - vielmehr besticht seine Arbeit etwa seit Anfang dieses Jahrtausends durch eine beachtliche formale Bandbreite und wandlungsfähige Vielschichtigkeit. EMESS empfindet sich als urbaner Bildhauer und Drucker, bedient sich jedoch der unterschiedlichsten Ausdrucksmittel um seine Interventionen auf die Gestaltung des öffentlichen Raumes wirken zu lassen. Die Palette des Berliner Künstlers reicht von Posterwänden über grossformatige Schablonenarbeiten bis hin zu metergrossen Installationen - EMESS wählt Medium, Ort und Zeit seiner Interventionen nach beabsichtigter Aussage. Hier geht es nicht um artige Streetdeko - EMESS´ Arbeiten sind auf den Ort ihrer Anbringung zugeschnitten, oft unbequem oder regen zum Nachdenken an und stechen heraus.



Neben einer Reihe von Beton- und Holzinstallationen arbeitete EMESS im vergangenen Jahr intensiv an der Serie WHAT´S THE COLOUR OF MONEY, schablonierten Portraits zum Thema Finanzen, die unsere profane Beziehung zum lieben Geld thematisieren. Altbekannte Stiche der Konterfeis von Persönlichkeiten handeslüblicher Währungen wie
Dollar, Pfund, dänischer und schwedischer Kronen oder türkischer Lira, die antike Handwerklichkeit des Stils des Holz- und Kupferstichs werden mit der Poppigkeit moderner Musiktitel kombiniert. EMESS zeigt in seinen aktuellen Arbeiten, dass der Ursprung der Strassenkunst nicht nur im Graffiti allein zu suchen ist, sondern diese Kunstgattung durchaus ihre Wurzeln in Konstruktivismus, Popart und Dada hat.


www.atmberlin.de
www.flickr.com/photos/atm_gallery/sets/72157606779331658/
www.flickr.com/photos/atm_gallery/sets/72157606741909098/

 


Evol

findet seine Themen, Motive und Materialien buchstäblich auf der Strasse. Die Pappkartons und Holzbretter mit Portraits von einfachen Hausfassaden und die Stromkästen, auf die er seine Plattenbauten aufbringt, zeigen Details aus einer Stadt, die ihre Geschichte beständig umschreibt. Vom Versprechen des sozialistischen Traumes, der sich in einen dysfunktionalen Albtraum verwandelte einerseits und von den ehemals existierenden Freiräumen in den mittlerweile fast vollständig sanierten, gentrifizierten und kommerzialisierten Altbauvierteln andererseits.




Er schafft eine, auf allen Ebenen, vielschichtige Kunst, bei der Inhalt und Material unzertrennbar miteinander verwoben sind. Die Fassaden der Häuser dienen ihm einerseits als Indikator für den Zustand unserer Gesellschaft, sind gleichzeitig Inhalt der künstlerischen Auseinandersetzung und können darüberhinaus auch noch die Fläche bieten,
auf der die Arbeiten letztendlich präsentiert werden.
Als Werkstoffe verwendet er hauptsächlich ausrangierte Pappkartons und Stromkästen, die mit den Hausfassaden gemein haben, dass sie die Zeichen ihrer Nutzung zeigen. An den Kartons fasziniert ihn vor allem, dass ein an
sich wertloser Stoff, mit all seinen Spuren, eingedrückten Stellen und Aufdrucken, durch das Aufbringen eines Bildes einen völlig neuen Wert erlangt.
Und doch sind diese Kunstwerke, genau wie die Fassaden der Häuser, unumgänglich dem Verfall und dem Altern preisgegeben.


www.flickr.com/photos/evoldaily
www.evoltaste.com

 

PISA73
ist seit vielen Jahren ein aktives Mitglied der Berliner Urban Art-Szene, wobei er mit verschiedenen Crews zusammenarbeitete und eine Vielzahl von Medien wie Sticker, Paste-Ups, Schablonen und Tags verwendete. Seine Arbeiten finden sich in wichtigen Publikationen zur Street Art wie Urban Illustration: Street Art City Guide, Berlin City Language und Graffitti World und wurden gemeinsam mit Werken von Künstlern wie Swoon, Shepard Fairey, Jean-Michel Basquiat und Keith Haring ausgestellt.

 

 

In seinen aktuellen Arbeiten setzt sich PISA73 auch weiterhin mit den Themen Macht und Machtausübung durch staatliche Organe auseinander, jedoch ist seine bisherige Sichtweise von einem eher introspektiven Blick abgelöst worden, der die Identitäten der Abgebildeten bildnerisch auflöst und neu verhandelt. Ein Bruch tut sich auf zwischen der minimalen visuellen Information, die die Werke vermitteln und den umfassenden politisch-gesellschaftlichen Konnotationen, die sie beinhalten. PISA73 bricht dabei mit traditionellen Verfahren der Schablonierung wie Zweifarbentechnik und flachen Farbfeldern und übernimmt Techniken des Pointilismus. Einst selbst eine radikale Bewegung, ist der Pointilismus heute weitgehend vom Postkartenkitsch vereinnahmt worden. PISA73s zeitgenössische Aneignung dieser Technik spricht jedoch eine andere Sprache.


www.pisa73artwork.blogspot.com
www.pisa73.blogspot.com
www.pisa73.com
www.flickr.com/photos/pisa73

 


* Leider war es den beteiligten Künstler aufgrund fortgeschrittener Demenz, verursacht durch das jahrelange Einatmen von Aerosolgasen, nicht möglich, einen Titel für die Ausstellung zu finden.